Vom Glück Unglücklich zu sein

Vor ein paar Tagen stand in meinem Flow-Kalender, dass ich, sollte ich mich nicht so gut fühlen, einfach lächeln solle. Denn Lächeln hilft. Es ist nicht nur so, dass wir lächeln, wenn wir glücklich sind, sondern dass wir uns auch glücklicher oder besser fühlen, wenn wir lächeln.

Genauso verhält sich mit dem Finden des Glücks. Irgendwie. Ich hielt Ausschau nach den Dingen, die mich glücklich machen, für die ich dankbar bin und fühlte mich auch glücklicher und zufriedener. Eine Zeit lang schlief ich auch immer leicht ein, weil ich mich am Abend so darauf konzentriert hatte, was an dem Tag schön war. So sammelte ich mein Glück (und teilte es hier).

Doch seit einiger Zeit fällt mir das alles nicht mehr so leicht. Zunächst konzentrierte ich mich wirklich auf die kleinen Dinge und Momente, doch dann wurde mein Glückssammeln etwas umfassender und ich suchte nach dem Größeren, auch bei mir. Und da stieß ich an meine Grenzen. Denn das ständige Suchen nach dem Glück, das Entdecken der schönen Erlebnisse in meinem Leben machten mich nicht dauerhaft zufrieden. Irgendwann wurde ich müde, mich auf diese tollen Ereignisse zu fokussieren. Es gab Tage, da wollte ich auch schmollen und grollen, meine Stimmung dem Wetter anpassen und es auch in mir regnen lassen. Plötzlich passte mein Ziel nicht mehr so zu mir – das glückliche Leben anstreben.

Was war passiert? Ich bin wohl leise in eine Selbstoptimierungsfalle getappt. Das große Ziel ist es doch, glücklich zu sein und zufrieden und sein Bestes-Selbst zu sein und nur noch das zu tun, was man liebt. Denn wenn man das macht, ist man auch unheimlich produktiv und kreativ und irgendwas-tiv.

Ich war irgendwann nur noch tief. Gar nicht mehr so glücklich mit meinem Glück – auch mit diesem Blog nicht.

Dann schrieb mir eine liebste Freundin eine E-Mail, dass sie sich so nimmt, wie sie ist auch mit ihren Schwächen und Grenzen und nicht diszipliniert-sein und ständig froh. Dabei machte sie mich auf ein Buch aufmerksam:

Foto am 01.08.17 um 21.28

Gleich hinten auf dem Klappentext provoziert die Autorin Ulrike Scheuermann mit der These „Das Streben nach Glück macht unglücklich“. Und auf S. 65 in ihrem Buch berichtet sie von einer Studie, in der 4000 Dauerlächler untersucht wurden. Es hat sich herausgestellt, dass Dauerlächler – also Berufstätige, die in ihrem Job viel lächeln müssen (Stewardess, Call-Center-Angestellte, Verkäufer) – besonders anfällig für Depressionen sind. „Wenn wir also lächeln, ohne dass dies von innen kommt – weil uns eigentlich eher danach zumute ist, ‚emotionslos‘, ernst, traurig oder wütend dreinzuschauen -, dann schaden wir uns emotional. Unsere Gefühle, unsere Stimmungen, unser So-Sein dauerhaft nicht aufrichtig zeigen zu können macht uns depressiv,“ so Scheuermann (2016: 65).

Also? Sollte ich jetzt lächeln, um glücklich zu sein? Oder macht es mich auf Dauer unglücklich, morgens zu lächeln, wenn mir nicht unbedingt danach ist?

Das mit dem Lächeln werde ich wohl ab und zu probieren, da ich schon erlebt habe, dass es mir dann besser geht. Aber wenn das nicht klappt, dann ist das eben so. Und dann bin ich eben traurig oder ängstlich oder wütend. Ich bleibe eine Glückssammlerin, denn ich bin ein ziemlich positiver und optimistischer Mensch. Aber ich zeige nun auch, dass ich eine Glückssammlerin mit Unglück bin. Ist nicht alles rosa. Und das Leben nur hin und wieder ein Ponyhof.

Danke, J.

Hinterlasse einen Kommentar